ND vom 18.09.02     Druckausgabe eines Artikels
 

Klage:   Varvarin-Opfer auf »Amtsweg« geschoben
Landgericht Berlin fühlte sich nicht zuständig 
 
 
Berlin/Bonn (ND-Heilig). 35 Bürger aus Jugoslawien haben gegen die Bundesrepublik Deutschland eine Sammelklage wegen eines NATO-Luftangriffs auf die Ortschaft Varvarin eingereicht. Darüber informierte ein Sprecher des Landgerichtes Bonn am Dienstag. Bei Mitgliedern des deutschen Projektrates, der die Hinterbliebenen der Opfer unterstützt, wird dies als eine mögliche Verschleppung betrachtet, denn die entsprechende Klage war bereits im Dezember vergangenen Jahres ordnungsgemäß beim Landgericht Berlin eingegangen. Die Kläger werden von der Hamburger Rechtsanwältin Gül Pinar vertreten, die durch einen Anruf vom neuen Gerichtsstand erfahren hat.
Nach Auskunft des Bonner Gerichtes hätten sich die Berliner Kollegen »bereits am 17. Juli« für örtlich nicht zuständig erklärt, da die Bundesrepublik vom Bundesministerium der Verteidigung vertreten wird. Der 1. Amtssitz des Ministers liege jedoch in Bonn.
Das Landgericht in Bonn hat nun die Anwälte des Ministeriums aufgefordert, die Klage zu erwidern. Dazu werde der beklagten Seite in Anbetracht des komplizierten Sachverhaltes ein langer Zeitraum eingeräumt, betonte ein Gerichtssprecher gegenüber ND. Daher könne der Termin der mündlichen Verhandlung noch nicht angegeben werden.
Am 30. April 1999 hatten NATO-Kampfflugzeuge die Brücke des demilitarisierten serbischen Ortes Varvarin angegriffen und dabei zehn Zivilisten getötet sowie 17 schwer verletzt. Nach Ansicht der Kläger haftet die Bundesrepublik gesamtschuldnerisch, da der Krieg gegen Jugoslawien unter Mitwirkung Deutschlands geplant, beschlossen und geführt worden ist. Die Klage war durch zahlreiche Spenden aus Deutschland möglich geworden.

(ND 18.09.02)

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